BR: Pflanzliche Wirkstoffe kein Ersatz für ungefährliche Sonnencreme
BR: Pflanzliche Wirkstoffe kein Ersatz für ungefährliche Sonnencreme
Einzelmeinung, unwissenschaftlich, oberflächlich
Einzelmeinung, unwissenschaftlich, oberflächlich

Faktencheck

Faktencheck: Pflanzliche Wirkstoffe als Ersatz für Sonnencreme

Der BR-Faktenfuchs des Bayrischen Rundfunks prüft in seinem Faktencheck Äußerungen zu Schäden durch Sonnencreme, die sich angeblich im Netz finden.

 

Der BR gibt hierbei die geprüften Quellen nicht einzeln an und diskreditiert sie zudem. Dass der Einfluss von Sonneneinstrahlung anhand verschiedenster Faktoren zu bewerten ist, und dies in der Wissenschaft auch so gesehen wird, gibt der BR im Detail nicht an. Zum Thema Sonnenschutz sowie zum Ausgleich von Vitamin-D-Mangel durch Sonnenlicht zitiert der Faktenfuchs lediglich eine Hautärztin, aber keine Ärzte anderer Fachrichtungen und auch keine Studien.

 

Der BR zitiert eine nicht näher genannte US-Influencerin, welche behauptet habe, Sonne sei nicht gefährlich, sondern heilsam. Um diese Aussage zu widerlegen, zitiert der BR eine einzelne Hautärztin, welche aussagt, bei der Abwägung von Nutzen und Schaden komme es auf die Dosis an. Dies soll vermutlich belegen, dass Sonne ab einer gewissen Dosis nicht mehr heilsam, sondern schädlich ist. Über die Faktoren, die darüber entscheiden, ob Sonneneinstrahlung schädlich ist (etwa Breitengrad, Dauer der Einstrahlung, Hauttyp), werden keine genaueren Angaben gemacht. Der Check des BR bleibt damit unwissenschaftlich und schwammig, genau wie die zitierte Aussage der Influencerin, welche ebenfalls sehr allgemein gehalten ist. Widerlegt hat der BR so jedenfalls gar nichts. UV-Strahlung ist zwar eine der Hauptursachen für Hautkrebs; andere Faktoren wie Schweiß auf der Haut oder der Hauttyp spielen aber auch durchaus eine Rolle [2, 3].

Die nächste Behauptung, die der BR widerlegen will, ist, dass regelmäßiges Sonnenbaden die Haut durch die Bildung des Hautfarbstoffs Melanin abhärte. Auch dies würde laut dem BR von US-Influencerinnen* behauptet, und auch hier verlinkt der BR nicht seine Quellen. Die Hautärztin, die der BR als Expertin herangezogen hat, bezeichnet Bräune hingegen als Alarmsignal der Haut und bereits als ersten Hautschaden. Diese Behauptung wird allerdings nicht anhand von Studien belegt. In den Studien, die wir gefunden haben, ist das Hautkrebsrisiko für bestimmte Krebsarten jedenfalls stark von der Pigmentierung abhängig und eher nicht davon, wie lange die Probandinnen* der Sonne ausgesetzt waren [3].

Weiterhin möchte der BR die Behauptung widerlegen, dass in Sonnencreme krebserregende und giftige Inhaltsstoffe enthalten seien. Hier wird aber zunächst nur die Deutsche Krebsgesellschaft (auch hier ohne Link) zitiert, wonach UV-Strahlung die wichtigste Ursache für Hautkrebs sei und vor allem die Sonneneinstrahlung im Kindes- und Jugendalter eine Rolle spiele. Dies hätte laut dem BR allerdings nichts mit krebserregenden Eigenschaften von Sonnencreme zu tun. Studien mit Angaben dazu, ob in Sonnencremes krebserregende Stoffe enthalten sind, zitiert der BR nicht. Es kann natürlich sein, dass Kinder, die häufiger in der Sonne sind, häufiger eingecremt werden und genau deshalb häufiger an Hautkrebs erkranken. Zwei vom BR zitierte Experten stellen ähnliche Überlegungen an, geben jedoch zu bedenken, dass jemand, der sich eincremt, dies natürlich tut, weil er in die Sonne geht; sie halten deswegen die Sonne für die wahrscheinlichere Ursache der Hautkrebserkrankungen. Die eingangs zitierte Expertin des BR schließt Sonnencreme als Ursache für Hautkrebs kategorisch aus, weil man dies sonst längst in epidemiologischen Studien gesehen hätte. Studien, die diesen Zusammenhang explizit untersucht und ausgeschlossen haben, haben wir allerdings nicht gefunden. Die Inhaltsstoffe von Sonnencreme sind jedenfalls gefährlich für Algen [4], und auch für den Menschen bestehen Gesundheitsrisiken inklusive Karzinogenität [5, 12]. Zwar zitiert der BR das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR); dort finden sich allerdings keine wissenschaftlichen Studien zum Thema, sondern lediglich allgemeine Hinweise [8]. Das BfR zitiert zudem eine US-Studie, nach der bei Anwendung von Sonnencreme die Blutkonzentration von Oxybenzon und Otocrylen die in den USA erlaubten Grenzwerte überschritten hatte [9]. Die Expertin des BR bestätigt, dass Stoffe, die auf die Haut aufgetragen werden, zu einem geringen Teil in die Blutbahn gelangen können; dies deckt sich mit dem Ergebnis der US-Studie [1]. In Europa legt die EU-Kommission über das Scientific Committee for Consumer Safety (SCCS) die Grenzwerte fest. Wenn man sich die Liste ihrer Mitglieder ansieht, fällt auf, dass die Experten, welche die Grenzwerte festlegen, teilweise in der Kosmetik- und Pharmabranche gearbeitet haben; die entsprechenden Interessenkonflikte werden dort explizit angegeben. Eine gewisse Berufserfahrung und damit Expertise ist in solchen Komitees zwar durchaus erwünscht, die Frage der Befangenheit stellt sich aber damit durchaus [9]. Eine besondere Gefahr gehe laut den nicht genannten Quellen, die der BR anführt, von Titandioxid aus [1]. Titandioxid kann, wenn es eingeatmet wird, Lungenschäden verursachen [11] und als Lebensmittelzusatzstoff das Erbgut verändern, weswegen es in Lebensmitteln verboten werden soll [10]. Bezüglich der Aufnahme über die Haut sind verschiedene Faktoren wichtig; eine solche Aufnahme über die Haut ist aber grundsätzlich möglich [12]. Das Risiko durch Titandioxid und das durch UV-Einstrahlung stehen sich hier laut der Expertin des BR entgegen, wobei die Expertin das UV-Risiko ohne Angabe empirischer Daten als höher bewertet [1]. Auch für die Unbedenklichkeit von Benzophenonen, welche im Übrigen aufgrund von Karzinogenität verboten werden sollen [13], liefert der BR-Faktencheck keine Belege, lediglich eine einzelne Expertenmeinung [1].

Auch bei der Aussage zum Sonnenschutzpotenzial von Pflanzenölen legt der BR die genaue Quelle auf TikTok nicht offen und behauptet, der Sonnenschutzfaktor von Pflanzenölen sei zu gering [1]. In diesem Zusammenhang wird eine Studie der Universität Bratislava zitiert [14]. Verschiedene Pflanzenöle haben durchaus einen Sonnenschutzfaktor, wie aus dieser und anderen Studien hervorgeht [6, 7, 14]. Die Studie aus Bratislava fand zum Beispiel einen Sonnenschutzfaktor von 11,2 für Tamanu-Öl [14], was der BR allerdings nicht erwähnt.

 

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Gesundheitsgefahren durch Sonnencreme nicht besonders gut untersucht sind, dass es aber durchaus Hinweise auf bestehende Risiken gibt, wobei der negative Effekt der Sonneneinstrahlung von vielen Faktoren abhängig ist und pflanzliche Öle als Alternative zumindest einen geringen Schutz bieten. Den besten Schutz bieten Schatten und Kleidung. Der BR-Check liegt damit falsch.

 

 

Quellen

 

[1] https://www.br.de/nachrichten/wissen/faktenfuchs-sonnencreme-mythen-im-faktencheck,TlC2o3e

[2] https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0738081X07002064

[3] https://jamanetwork.com/journals/jamadermatology/article-abstract/556368

[4] https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0166445X19305934

[5] https://www.mdpi.com/2076-3417/13/2/712

[6] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3140123/

[7] https://www.mdpi.com/2079-9284/6/2/25/pdf

[8] https://www.bfr.bund.de/de/sonnencreme_und_co____gibt_es_gesundheitliche_risiken_-243508.html

[9] https://ec.europa.eu/transparency/expert-groups-register/screen/expert-groups/consult?lang=en&groupID=2264

[10] https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/chemie/schwermetalle/titandioxid/index.htm#:~:text=Am%2008.10.2021%20haben%20die,Lebensmitteln%20ab%202022%20zu%20verbieten

[11] https://www.bfr.bund.de/de/titandioxid___gibt_es_gesundheitliche_risiken_-240812.html

[12] https://www.researchgate.net/profile/Myrtill-Simko/publication/283574173_Nano-Titanium_dioxide_Part_II_health_hazard_potential/links/56408ad608aedaa5fa44a494/Nano-Titanium-dioxide-Part-II-health-hazard-potential.pdf

[13] https://www.pressebox.de/pressemitteilung/nlken-hygiene-products-gmbh/Benzophenon-verboten-in-kosmetischen-Mitteln/boxid/1131782

[14] https://link.springer.com/article/10.1007/s43630-020-00009-3

[15] https://www.bav-institut.de/de/news/Verbot-Benzophenon-in-Kosmetik-gemaess-VO-EU-2022-692

 

* Es sind immer alle Geschlechteridentitäten gemeint.

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Behauptung

Die UV-Strahlung der Sonne ist für den Menschen ungefährlich. Pflanzliche Wirkstoffe sind ein Ersatz für Sonnencreme. Sonnencreme ist gefährlich.

Quellen

Nicht angegeben.

Das sagt der Faktenchecker

Pflanzliche Wirkstoffe sind kein Ersatz für Sonnencreme. Sonnencreme ist nicht gefährlich.

Kritik am Vorgehen

Der BR gibt die geprüften Quellen nicht einzeln an und diskreditiert sie zudem. Dass der Einfluss von Sonneneinstrahlung anhand verschiedenster Faktoren zu bewerten ist, und dies in der Wissenschaft auch so gesehen wird, gibt der BR im Detail nicht an. Zum Thema Sonnenschutz sowie zum Ausgleich von Vitamin-D-Mangel durch Sonnenlicht zitiert der Faktenfuchs lediglich eine Hautärztin, aber keine Ärzte anderer Fachrichtungen und auch keine Studien.

Check the Checker Faktencheck

Der BR zitiert eine nicht näher genannte US-Influencerin, welche behauptet habe, Sonne sei nicht gefährlich, sondern heilsam. Um diese Aussage zu widerlegen, zitiert der BR eine einzelne Hautärztin, welche aussagt, bei der Abwägung von Nutzen und Schaden komme es auf die Dosis an. Dies soll vermutlich belegen, dass Sonne ab einer gewissen Dosis nicht mehr heilsam, sondern schädlich ist. Über die Faktoren, die darüber entscheiden, ob Sonneneinstrahlung schädlich ist (etwa Breitengrad, Dauer der Einstrahlung, Hauttyp), werden keine genaueren Angaben gemacht. Der Check des BR bleibt damit unwissenschaftlich und schwammig, genau wie die zitierte Aussage der Influencerin, welche ebenfalls sehr allgemein gehalten ist. Widerlegt hat der BR so jedenfalls gar nichts. UV-Strahlung ist zwar eine der Hauptursachen für Hautkrebs; andere Faktoren wie Schweiß auf der Haut oder der Hauttyp spielen aber auch durchaus eine Rolle [2, 3].

Die nächste Behauptung, die der BR widerlegen will, ist, dass regelmäßiges Sonnenbaden die Haut durch die Bildung des Hautfarbstoffs Melanin abhärte. Auch dies würde laut dem BR von US-Influencerinnen* behauptet, und auch hier verlinkt der BR nicht seine Quellen. Die Hautärztin, die der BR als Expertin herangezogen hat, bezeichnet Bräune hingegen als Alarmsignal der Haut und bereits als ersten Hautschaden. Diese Behauptung wird allerdings nicht anhand von Studien belegt. In den Studien, die wir gefunden haben, ist das Hautkrebsrisiko für bestimmte Krebsarten jedenfalls stark von der Pigmentierung abhängig und eher nicht davon, wie lange die Probandinnen* der Sonne ausgesetzt waren [3].

Weiterhin möchte der BR die Behauptung widerlegen, dass in Sonnencreme krebserregende und giftige Inhaltsstoffe enthalten seien. Hier wird aber zunächst nur die Deutsche Krebsgesellschaft (auch hier ohne Link) zitiert, wonach UV-Strahlung die wichtigste Ursache für Hautkrebs sei und vor allem die Sonneneinstrahlung im Kindes- und Jugendalter eine Rolle spiele. Dies hätte laut dem BR allerdings nichts mit krebserregenden Eigenschaften von Sonnencreme zu tun. Studien mit Angaben dazu, ob in Sonnencremes krebserregende Stoffe enthalten sind, zitiert der BR nicht. Es kann natürlich sein, dass Kinder, die häufiger in der Sonne sind, häufiger eingecremt werden und genau deshalb häufiger an Hautkrebs erkranken. Zwei vom BR zitierte Experten stellen ähnliche Überlegungen an, geben jedoch zu bedenken, dass jemand, der sich eincremt, dies natürlich tut, weil er in die Sonne geht; sie halten deswegen die Sonne für die wahrscheinlichere Ursache der Hautkrebserkrankungen. Die eingangs zitierte Expertin des BR schließt Sonnencreme als Ursache für Hautkrebs kategorisch aus, weil man dies sonst längst in epidemiologischen Studien gesehen hätte. Studien, die diesen Zusammenhang explizit untersucht und ausgeschlossen haben, haben wir allerdings nicht gefunden. Die Inhaltsstoffe von Sonnencreme sind jedenfalls gefährlich für Algen [4], und auch für den Menschen bestehen Gesundheitsrisiken inklusive Karzinogenität [5, 12]. Zwar zitiert der BR das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR); dort finden sich allerdings keine wissenschaftlichen Studien zum Thema, sondern lediglich allgemeine Hinweise [8]. Das BfR zitiert zudem eine US-Studie, nach der bei Anwendung von Sonnencreme die Blutkonzentration von Oxybenzon und Otocrylen die in den USA erlaubten Grenzwerte überschritten hatte [9]. Die Expertin des BR bestätigt, dass Stoffe, die auf die Haut aufgetragen werden, zu einem geringen Teil in die Blutbahn gelangen können; dies deckt sich mit dem Ergebnis der US-Studie [1]. In Europa legt die EU-Kommission über das Scientific Committee for Consumer Safety (SCCS) die Grenzwerte fest. Wenn man sich die Liste ihrer Mitglieder ansieht, fällt auf, dass die Experten, welche die Grenzwerte festlegen, teilweise in der Kosmetik- und Pharmabranche gearbeitet haben; die entsprechenden Interessenkonflikte werden dort explizit angegeben. Eine gewisse Berufserfahrung und damit Expertise ist in solchen Komitees zwar durchaus erwünscht, die Frage der Befangenheit stellt sich aber damit durchaus [9]. Eine besondere Gefahr gehe laut den nicht genannten Quellen, die der BR anführt, von Titandioxid aus [1]. Titandioxid kann, wenn es eingeatmet wird, Lungenschäden verursachen [11] und als Lebensmittelzusatzstoff das Erbgut verändern, weswegen es in Lebensmitteln verboten werden soll [10]. Bezüglich der Aufnahme über die Haut sind verschiedene Faktoren wichtig; eine solche Aufnahme über die Haut ist aber grundsätzlich möglich [12]. Das Risiko durch Titandioxid und das durch UV-Einstrahlung stehen sich hier laut der Expertin des BR entgegen, wobei die Expertin das UV-Risiko ohne Angabe empirischer Daten als höher bewertet [1]. Auch für die Unbedenklichkeit von Benzophenonen, welche im Übrigen aufgrund von Karzinogenität verboten werden sollen [13], liefert der BR-Faktencheck keine Belege, lediglich eine einzelne Expertenmeinung [1].

Auch bei der Aussage zum Sonnenschutzpotenzial von Pflanzenölen legt der BR die genaue Quelle auf TikTok nicht offen und behauptet, der Sonnenschutzfaktor von Pflanzenölen sei zu gering [1]. In diesem Zusammenhang wird eine Studie der Universität Bratislava zitiert [14]. Verschiedene Pflanzenöle haben durchaus einen Sonnenschutzfaktor, wie aus dieser und anderen Studien hervorgeht [6, 7, 14]. Die Studie aus Bratislava fand zum Beispiel einen Sonnenschutzfaktor von 11,2 für Tamanu-Öl [14], was der BR allerdings nicht erwähnt.

Check the Checker Fazit

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Gesundheitsgefahren durch Sonnencreme nicht besonders gut untersucht sind, dass es aber durchaus Hinweise auf bestehende Risiken gibt, wobei der negative Effekt der Sonneneinstrahlung von vielen Faktoren abhängig ist und pflanzliche Öle als Alternative zumindest einen geringen Schutz bieten. Den besten Schutz bieten Schatten und Kleidung. Der BR-Check liegt damit falsch.

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